Ich traue mich ja schon fast nicht zu sagen, wann ich den letzten Teil der Serie „Food Science hier veröffentlicht habe. Es ist auf jeden Fall schon viel viel zu lange her. Einen Überblick über alle bisher erschienenen Teile findet ihr hier (z.B. mit Themen wie: Warum salzen wir?, Wie sticht man am effektivsten Plätzchenteig aus und viele mehr).
Heute geht es nun endlich mit einem neuen Beitrag weiter. Diesmal soll es um Gluten gehen. Was ist Gluten, was kann man damit machen, ist es (un)gesund und überhaupt?
Häufig liest man an verschiedenster Stelle woran Gluten so alles Schuld sein soll und warum man doch darauf verzichten sollte muss, auch wenn keine Unverträglichkeit vorliegt. Da kann es nicht schaden zu wissen, worüber man überhaupt redet:
Was ist Gluten?
Gluten ist ein Begriff für Stoffgemische aus Proteinen, die im Samen einiger Getreide vorkommen. Speziell in Weizen, Dinkel, Roggen und einigen weiteren Getreidesorten findet sich ein hoher Anteil an Gluten. In Verbindung mit Wasser bildet Gluten das sogenannte Klebereiweiß. Dieses ist von großer Bedeutung beim Backen von Brot. Das Backen hängt somit entscheidend vom Anteil an Gluten in der jeweiligen Getreidesorte zusammen. Gluten sorgt während der Gare dafür, dass das Gärgas im Teig gehalten werden kann. Darüber hinaus sorgt das Klebergerüst im Anschluss dafür, dass der Laib seine Form behält.
Glutensensitivität vs. Unverträglichkeit
Seit einiger Zeit hat man begonnen zwischen einer Glutensensitivität und Unverträglichkeit (Zöliakie) zu unterscheiden. Bei einer vorliegenden Unverträglichkeit ist zum aktuellen Stand die einzige langfristige Behandlungsmethode der lebenslange Verzicht auf glutenhaltige Nahrungsmittel, wogegen bei einer Sensitivität noch zwischen verschiedenen Typen unterschieden werden muss. Je nach vorliegender Sensitivität, kann eine unterschiedliche Behandlung empfohlen werden. Zum Teil lässt sich die Sensitivität medikamentös behandeln und die Störung tritt nach einer gewissen Zeit nicht mehr auf.
Der Anteil der Bevölkerung, die an einer Unverträglichkeit / Sensitivität betroffen ist, hängt recht stark von der entsprechenden Region ab, bewegt sich in der westlichen Welt im Bereich von ~ 1 %. Für weitere genaueren statistischen Auswertungen siehe [1]. In Deutschland bewegt sich dieser Wert aktuell im Bereich von 0,2 bis 1 %.
Macht Gluten dick?
Eine der typischen Aussagen, die man im Internet immer wieder findet, ist, dass Gluten und somit vor allem stark glutenhaltige Produkte dick machen und ungesund sind. Häufig wird in diesem Zusammenhang auf das „böse helle Weizen“ Bezug genommen. Das auch Getreide wie Gerste, Roggen, Dinkel, Grünkern und weitere einen hohen Glutenanteil aufweisen können, wird häufig nicht thematisiert.
Richtig ist, dass die „biologische Wertigkeit“, das heißt ein Maß für die Effizienz mit der Proteine in körpereigene Proteine umgewandelt werde können für Weizen, im Vergleich zu vielen anderen Lebensmitteln, recht gering ist. Dies trifft jedoch noch lange keine Aussage darüber, ob etwas als gesund, ungesund oder Dickmacher gilt.
Die entscheidende Frage ist (wie fast immer) wie und was mit dem Getreide hergestellt wird. Viele Süßspeisen, speziell Kuchen, Kekse und ähnliches werden häufig mit hellem Weizenmehl zubereitet. Das ein übermäßiger Konsum dieser Lebensmittel langfristig zu einer Gewichtszunahme und unausgewogener / ungesunder Ernährung führt, sollte niemandem überraschen. Dies liegt aber primär nicht am darin enthaltenen Gluten.
Der vorsätzliche Verzicht auf glutenhaltige Lebensmittel (wenn keine Notwendigkeit besteht), kann sogar kontraproduktiv sein, da bei einem Teil der glutenfreien Lebensmittel zusätzlich der Zucker- oder auch Fettanteil angehoben wird um Geschmack und Konsistenz glutenhaltigen Lebensmitteln anzunähern.
Fazit
Besteht keine Sensitivität oder Unverträglichkeit gibt es keinen Grund vollständig auf glutenhaltige Nahrungsmittel zu verzichten. Natürlich sollte man wie immer darauf achten, alles in Maßen zu genießen. Speziell Kekse, Kuchen und vergleichbare Lebensmittel, die neben einem hohen Weißmehlanteil auch viel Zucker und Fett enthalten, sollten eher zur Ausnahme im Nahrungsplan gehören.
4 Kommentare
ClaudiaBerlin
2. Januar 2014 at 11:48Nicht zu vergessen: Aus Gluten macht man Seitan, eine tolle Fleisch-Alternative, mit der sich viele traditionelle Fleischgerichte stimmig nachempfinden lassen – für alle, die auf tierische Produkte verzichten oder diese zumindest einschränken wollen.
Und aus mehl werden Steaks
http://www.unverbissen-vegetarisch.de/2010/12/und-aus-mehl-werden-steaks/
vegetarian
3. Januar 2014 at 8:01oh ja, auf jeden fall! vielen dank für den link.
werde demnächst auch noch einen artikel dazu verfassen und ein paar gerichte mit seitan vorstellen 😉
Tonia S
2. Januar 2014 at 13:31Dein Beitrag ist ziemlich interessant. Mich würde noch interessieren, wie sich die Unverträglichkeit oder Sensitivität zeigt/ äußert?
vegetarian
3. Januar 2014 at 8:08bei unverträglichkeit / sensititivität können Blähungen, Bauchschmerzen oder Durchfall auftreten. generell häufig probleme mit der verdauung, da es sich um eine (chronische) entzündung des darms handelt.